„Generation y“- die Generation der unbegrenzten Möglichkeiten. Die Generation der Backpacker, Freigeister, Weltverbesserer. Die Generation mit dem Privileg, Selbstverwirklichung als oberste Priorität deklarieren zu können. Und die Generation, die gerne als im klassischen Sinne beziehungsunfähig betitelt wird.

Macht uns freie Liebe glücklich?

Eben weil Selbstverwirklichung eine derart zentrale Rolle in unserem Streben nach Glück spielt, rüttelt der Freigeist in uns am vorherrschenden Beziehungsparadigma. Für viele von uns bietet das Standardmuster à „Ehe, Reihenhaus, Familienglück“ keine Identifikationsgrundlage mehr, die uns wirklich glücklich macht. Zu verführerisch ist die große weite Welt mit ihren zahlreichen Dating-Apps. Zu grenzenlos die Chancen, einen noch besseren Märchenprinzen, eine noch liebreizendere Frau fürs Leben irgendwo dort auf diesem Spielplatz der Liebe zu finden, der uns so frei zugänglich scheint wie nie zuvor. So breiten wir unsere Flügel aus und flattern von Date zu Date, genießen wunderschöne Momente der Zweisamkeit und ergreifen doch gerne die Flucht, wenn es darum geht, sich festzulegen – aus der Angst heraus, man könnte uns unserer Freiheit berauben, uns lebenslang in ein Gefängnis ungelebter Möglichkeiten verbannen. In stillen Momenten der Einsamkeit hingegen überkommt uns eine paradoxe Melancholie, die uns vorgaukelt, dass früher alles einfacher war mit der Liebe. In den Zeiten vor der vermeintlichen kollektiven Beziehungsunfähigkeit. In den Zeiten, als Bindung selbstverständlich war.

Sklaven der Freiheit

Diese Widersprüchlichkeit führt uns vor Augen, dass wir eben nicht gänzlich glücklich sind mit diesem freiheitsradikalisierten Liebesdasein, dem wir oft so gierig frönen. Dass wir uns so frei gemacht haben, dass wir schon wieder unfrei sind. Dann mutieren wir zu Sklaven unserer Freiheit. Sklaven, die verlernt haben, frei und offen für die Entscheidung zu sein, sich zu binden und gemeinsam einen Weg zu teilen, wenn ein geliebter Mensch in unser Leben tritt. Sklaven, die nur noch Leidenschaft leben aber keine Verantwortung mehr übernehmen wollen.

Neue Chancen für wahrhaftige Beziehungsfähigkeit

Wie können wir also diesen Widersprich lösen, sprich unsere Freiheit leben und trotzdem wahrhaftig beziehungsfähig sein? Indem wir verstehen, dass Bindung auch Freiheit und Freiheit auch Bindung sein kann. Indem wir in Beziehungen jener Freiheit und Selbstverwirklichung Raum gewähren, der uns in unseren Ängsten sonst nur als Single zusteht. Indem wir in Beziehungen jene Ego-Muster fallen lassen, die uns Kontrolle ausüben und unsere Liebe zu Besitzanspruch mutieren lässt. Indem wir zwei Herzen in unserer Brust, den Freiheitsdrang und das Nähebedürfnis ausbalancieren, und dadurch ein neues Beziehungsparadigma kreieren, das tatsächlich den Spagat zwischen Selbstverwirklichung und erfüllter Liebesbeziehung bewältigen kann. Ein Beziehungsparadigma, in dem wir mit unseren Bedürfnissen und Sehnsüchten einfach sein dürfen anstatt uns in ein Konzept zu pressen, das unserer wahren Natur widerstrebt. Ein Beziehungsparadigma, in dem wir lernen, uns selbst zu lieben und erst dadurch anderen Menschen ermöglichen, uns zu lieben, wie wir sind.Happy loving!

Dein

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