Wir alle tragen ein hohes Maß an Bedürftigkeit an uns. Den Wunsch, getragen, gehalten und genährt zu werden. Und wir alle neigen dazu, die Erfüllung unserer Bedürfnisse in Beziehungen an unseren Partner abzuwälzen und uns folglich in Abhängigkeitsverhältnisse zu manövrieren. Das ist völlig normal. Es ist ein völlig natürlicher Kontrollmechanismus unseres inneren Kindes, emotionale Stabilität und Liebe im Außen zu erhalten. Denn als Kinder sind wir tatsächlich nicht in der Lage, uns jene emotionalen und materiellen Qualitäten selbst zu vermitteln, die wir zum Leben brauchen. Weil wir nun auch als Erwachsene jenen Seelenanteil des inneren Kindes in uns beherbergen, ist er dadurch immer wieder Antriebsfeder für unser Beziehungsverhalten.
Gleichzeitig allerdings macht uns unsere Bedürftigkeit und der Wunsch nach Nähe Angst, speziell dann, wenn wir die Erfahrung machen, dass unsere Erwartungen nicht erfüll und wir tief im Herzen stark verwundet werden. Um dieser Verletzlichkeit nicht ausgeliefert zu sein, reißt unser Ego die Kontrolle an sich und beginnt ein zwanghaftes Streben nach Unabhängigkeit und Freiheit, wobei wir uns von unserer Bedürftigkeit abspalten. Dadurch geraten wir in einen Zustand emotionaler Taubheit, in dem wir den Wunsch nach Nähe zwar nicht mehr spüren können, anderseits immer mehr an Verbundenheit mit uns selbst einbüßen und dadurch auch zunehmend Schwierigkeiten haben, uns offenen Herzen auf Beziehungen einzulassen. Das lässt uns innerlich auf eine immer größer werdende Leere zusteuern: Wir fühlen uns ungesehen und ungeliebt und verzerren uns nach Nähe, können sie allerdings nicht zulassen.
Wie können wir diesen vermeintlichen Widerspruch, ja unser gespaltenes Bewusstsein heilen und einen liebevollen Umgang mit unserer Bedürftigkeit finden?
Untersuchen wir hierbei erst einmal unsere Bedürftigkeit. Meiner Wahrnehmung nach ist unsere Bedürftigkeit umso größer, desto mehr wir wir uns aus Gefühlen des Minderwertes heraus von unserem wahren Sein abgespalten haben. Gleichzeitig wird uns dabei immer wieder das Herz gebrochen, weil niemand in der Lage sein wird, das Gefühl der vermeintlichen Unvollkommenheit für uns aufzufangen. So entstehen traumatische Glaubenssätze, die uns immer mehr aus der eigenen Selbstliebe hinein in eine die Abhängigkeit treiben: Wir befinden uns permanent im Modus unseres inneres Kindes, das genährt und geliebt werden möchte!
Hand aufs Herz: Natürlich vertreiben wir dadurch unsere Partner! Nehmen wir eine erwachsene Perspektive auf diese Haltung ein, wird und schnell bewusst, dass dieses kindliche Verhalten eigentlich ziemlich gierig und egoistisch ist und ja wenig mit gesundem Beziehungsverhalten zu tun hat – so sehr unser inneres Kind auch vom Heilsbringer träumt, der allem Streben nach Glück endlich ein ein Ende bereitet.
Auch aus einer höheren, seelischen Perspektive macht es Sinn, dass wir in der Regel nicht glücklich werden, wenn wir uns in Beziehungen einnisten, nur um die Erfüllung unserer Bedürfnisse zu garantieren. Denn unsere Seele strebt nach Heilung, Wachstum und spiritueller Entwicklung! Kurz gesagt: Sie möchte, dass du dich selbst ganz machst!
Und dein Ego bringt dich dazu, dich von all dem getriggerten Schmerz abzuspalten und treibt dich in einen Kampf um Unabhängigkeit und Freiheit, der dir suggeriert, du seist von deiner Bedürftigkeit geheilt, in Wahrheit aber dein inneres Kind nur noch weiter in die Tiefen deines Schattenreiches verdrängt.
Ich erlaube mir die These, dass du umso mehr nach Unabhängigkeit strebst, desto bedürftiger du in Wahrheit bist und umgekehrt.
Möchtest du erfüllte Beziehungen führen, solltest du also dieses gespaltene Bewusstsein heilen. Dein inneres Kind liebevoll annehmen und es von seinem Schmerz erlösen, indem du destruktive Glaubenssätze über dich selbst und die Liebe in die Heilung bringst und Schocks und Traumen des Verlustes und der Ablehnung, die in jeder Zelle deines Körpers gespeichert sind, aus deinem System löst.
So entscheide dich für den Weg der Heilung, der deine Verletzlichkeit würdigt anstatt dich von ihr abzutrennen. Stelle eine liebevolle Beziehung zu deinem inneren Kind her, die dir ermöglicht, liebevolle Selbstfürsorge zu betreiben und viele deiner Bedürfnisse selbst zu erfüllen, die du in dir trägst. Ja, gib diesem verletzlichen Anteil in dir jenes Gefühl von emotionaler Stabilität, das du sonst deinen Partnern abverlangst, indem du immer wieder auf Tuchfühlung mit seinen Ängsten, Zweifeln und Bedürfnissen gehst, ihm Aufmerksamkeit und Zuwendung schenkst.
Gleichzeitig darfst du auf diesem Weg erforschen, wo noch dunkle Storys der Vergangenheit ihr Unwesen in deiner Innenwelt treiben. Storys, die dir Minderwert und Schuldgefühle vermitteln. Storys, die sich im ungeheilten Zustand immer wieder in deinem Leben widerspiegeln und hartnäckige, selbstzerstörerische Glaubenssätze in jeder Zelle deines Körpers abspeichern.
Heile dein gebrochenes Herz – diese unbewältigten Verluste, Schocks, Traumen und Glaubenssätze über dich selbst und die Liebe, die deine Angst vor Nähe schüren. Ja, begebe dich auf eine Reise in die Tiefen deiner Seele, wo du Antworten auf deine Beziehungsprobleme findest, die dir auf reiner Verstandesebene nicht zugänglich sind. Je mehr Erkenntnisse du im Bezug auf deine emotionalen Programmierungen du sammelst, desto leichter wird der Weg, diese ungeliebten und verborgenen Schattenanteile zu erlösen, anzunehmen und in die Selbstliebe zu integrieren. Desto ganzer wirst du in dir selbst und bist in der Lage, Stück für Stück inneren Frieden in dir selbst zu finden, was dir ermöglicht, selbstbewusster, selbstbestimmter und authentischer in Beziehungen zu agieren. Dein Resonanzfeld wird sich ändern. Und du gesunde Beziehungen auf Augenhöhe anziehen.
Lege die Scham vor deiner Verletzlichkeit ab. Ja, übe dich konsequent darin, deine Bedürftigkeit und Sehnsüchte zu kommunizieren. Ohne Schuldzuweisungen. Und mit dem Motiv, dich selbst zu heilen anstatt deinen Partner kontrollieren oder ändern zu wollen. Das führt dich zurück in deine Eigenermächtigung und raus aus der Tendenz, die Kontrolle über deine Gefühle an deine Beziehungen zurückzugeben. Siehst du erneut, dass du faktisch autonomer und freier wirst, je mehr du zu deiner Bedürftigkeit und Verletzlichkeit stehst? Siehst du erneut, dass du durch radikale Selbstannahme Ganzheit und Heilung dort geschehen lässt, wo du zuvor durch Selbsthass und Selbstablehnung Rollen gespielt hast, mit denen du dich selbst genauso wie deine Mitmenschen an der Nase herumgeführt hast?
Je weiter und tiefer du mit der Transformation deiner Glaubens-und Gefühlsmuster kommst, die im Schattenreich der Selbstablehnung verborgen sind, desto mehr Freude und Leichtigkeit wird sich auf diesem Weg in deine Ganzheit, in deine Heilung, in deine vollkommene Selbstliebe einstellen! Desto erfüllter, authentischer und lebendiger werden deine Beziehungen, auf die du dich aus deiner eigenen Ganzheit heraus offenen Herzens einlassen kannst. Ich wünsche dir ein wundervolles Erkennen deiner Selbst!
So much love,
Dein