Mit 26 Jahren habe ich schon bald den Zenit meiner sexuellen Manneskraft erreicht, sagt die Wissenschaft. Wenn meine sexuelle Energie hin und wieder wahre Libido-Feuerwerke in meinem Körper zündet, fühle ich mich als lebender Beweis für die Behauptung. Und als Sklave meiner Triebe. Weil ich nicht gerne sexfixiert, egoistisch und von meiner Lust gestresst sein möchte. Sondern friedvoll, liebend und Herr über meine sexuelle Energie. Ich bin mir sicher, dass es vielen Männern dort draußen ähnlich geht.
Wir Männer neigen dazu, einen gewissen Giermechanismus im Bezug auf unsere Sexualität zu entwickeln, der uns zum Sklaven unserer Triebe macht.
Dadurch mutiert die eigentlich so heilende und erfüllende sexuelle Energie zu einer bedrückenden Last, die wir in Form zahlreicher Orgasmen loswerden wollen, anstatt sie achtsam und unter Einbeziehung unseres ganzen Seins zu spüren, ja liebevoll anzunehmen.
Dann haben wir Sex und onanieren des Stressabbaus wegen. Dann schwingen wir sexuell auf einer Ebene mit der Pornoindustrie, die uns mit sexuellem Fastfood abzuspeisen versucht.
Und dann sind wir Sex-Athleten statt wahrhaftig Liebende.
Versteh mich nicht falsch. Rein triebhafter Sex ist mit Sicherheit eine wichtige Erfahrung. Auf Dauer führt er aber zu einer sexuellen Leere, die keine Ejakulation der Welt zu füllen vermag.
Ich glaube, dass wir Männer unsere sexuelle Energie anders leben sollen.
Selbstbestimmter, bewusster, liebevoller. Egal ob bei One-Night-Stands oder der Liebe unseres Lebens.
Dabei bringt es nichts, das Tier in uns zu verteufeln. Klar steckt in uns dieser animalische Trieb! Und er darf da sein. Um unsere Sexualität bewusster zu leben, müssen wir sie erst einmal in ihrer Ganzheit willkommen heißen. Und das hat schlussendlich ganz viel mit Selbstliebe zu tun.
Denn Selbstliebe ist der Schlüssel zu einer erfüllten Sexualität.
Radikale Selbstliebe, die zu einem erhöhten Körperbewusstsein und größerer Hingabe an die eigene sexuelle Energie führt.
Wenn wir uns selbst den Gefallen erweisen, unserem Körper und unserer sexuellen Energie mit ganz viel Liebe und Hingabe zu begegnen, werden wir dies auch bei unseren Sexualpartnern tun.
So werden werden wir den Körper unseres Gegenübers bewusst als etwas Heiliges, Göttliches, ja durch und durch Liebevolles wahrnehmen, anstatt uns im Rausch der Hormone in unserer Lust zu verlieren.
Die sexuelle Verbindung, die dadurch entsteht, ist von einer Liebe durchdrungen, die uns wahrhaftig sexuell erfüllt. Sie lässt uns den Kreislauf einer immer und immer wiederkehrender Lust entfliehen, die niemals wirklich befriedigt werden kann.
Apropos immer wiederkehrende Lust. Immer wieder muss ich lachen, wenn ich mich an die Worte eines ehemaligen Kumpels erinnere, der sein ausschweifendes Sexualleben immer mit der Aussage „Ja, ich kann’s mir ja nicht herausschwitzen“ zu rechtfertigen pflegte. Tatsächlich sind wir Männer es gewohnt, unsere sexuelle Energie im wahrsten Sinne des Wortes hinauszukatapultieren. Dabei kann es eine revolutionäre Erfahrung sein, sie einfach mal im Körper zu bewahren.
Unsere Lust ist pure Lebensenergie! Wir sollten ihr die Chance geben, sich kraftvoll im Körper auszudehnen anstatt sie stets unmittelbar mit ganzer Wucht zu entladen.
Der Taoismus bietet hierzu tolle energetische Übungen, die ich allen Männern wärmstens ans Herz bzw. an den Penis legen kann. Im Kern geht es darum, die sexuelle Energie im Bereich der Prostata zu bündeln und sie dann über die Wirbelsäule hinauf bis zur Schädeldecke und über die Körpervorderseite zurück zur Prostata strömen zu lassen.
Wenn wir unserer sexuellen Energie erlauben, ungehindert durch unseren Körper zu fließen, öffnen wir all unsere Chakren und erhalten einen wahrhaftig orgasmischen Energieschub.
Damit lassen sich Berge versetzen. Für uns. Und unsere heilige Sexualität.
Wir können mit unseren Trieben so viel mehr anfangen, als uns bewusst ist. Und zu wahrhaftig Liebenden entwickeln, die Sexualität im Einklang von Körper, Geist und Seele leben.
Gib deiner Sexualität ein großes Ja!
Dein
Ziemlich geil was Du schreibst… Respekt für diese Seelennacktheit! Ich hoffe, das Du damit ganz viele andere Männer inspirierst, auch diesen Weg der Offenheit und Hingabe an das Leben oder wahre Selbst zu gehen… Ich werd auf jeden Fall meinem Sohn (noch 11, bald 12) deine Artikel zeigen, so schön, auch die männliche Sicht der Dinge in dieser nährenden Form lesen zu können.
Namaste, Romana
(… und ich dachte, eher wir Frauen müssen lernen uns mit body & soul und co anzunehmen) 😉
Dieser Post spornt mich an! xxx
Hi Ludwig, ich habe mir auch über das Thema Selbstbeherrschung und Spiritualität schon viele Gedanken gemacht… Ich find’s cool, dass du dich damit auseinander setzt, weil ich nicht glaube, dass viele Männer das tun. Ein bisschen ergänzend zu deinem Text meine weibliche Sicht der Dinge:
Das Vorurteil ist oft, dass nur Männer zum „Sklave des eigenen Triebes“ werden. Frauen können genau so rallig sein, wie Männer, ich glaube nur, dass sie es seltener zulassen oder sich manchmal deshalb sogar schlecht fühlen. Lust zu haben, ist eine Sache, aber sich so sehr dominiert zu fühlen von dieser Lust, ist scheiße. Diese extreme, nicht zu bändigende Lust können aber eben auch Frauen haben. Frauen werden sehr schnell als „Schlampe“ abgestempelt oder letztens habe ich sogar den Spruch „dumm fickt gut“ gehört. Männer „sind eben triebgesteuert“ und haben eben „dicke Eier“. Das ist oft eine Ausrede dafür, sich selbst mit dem Gefühl auseinander zu setzen, warum man Sex so dringend braucht. Wonach wir wirklich ächzen ist doch Liebe und Stressabbau, oder?!
Ich glaube, was uns allen fehlt, ist „emanzipierter Sex“. Sex, bei dem die Frau wirklich dem Mann komplett gleich gestellt ist und auch so behandelt wird. Ich habe viele Freundinnen, die Sex nicht so gerne mögen oder einfach nicht verstehen, warum man es toll finden kann. Das liegt meiner Meinung nach daran, dass viele Männer sich beim Sex nur mit sich selbst und nicht mit ihrem Gegenüber beschäftigen. Naja, außer halt das grobe Rumgefummle, das jedes Mal gleich abläuft. Mann, schau ihr doch mal in die Augen und beschäftige dich mit dieser Person, die da gerade unter die liegt. Den Mut, diese Empathie aufzubringen und sich gleichzeitig auch selbst verletzbar zu machen, macht vielen Männern so eine Angst, dass sie ihre Dominanz lieber mit „von hinten rammeln“ vorspielen. Und die Mädels das auch noch mitmachen. Und den Tag drauf n neuen Typen bei Tinder suchen. Weil es verdammt noch mal unbefriedigend ist. Trotz Orgasmus! Für beide!
Was wir doch wollen (Oder was ich glaube ich will und du vielleicht auch) ist doch, gesehen zu werden und im wahrsten Sinne des Wortes in diesem Moment „nackt“ zu sein. Man muss kein Paar sein, um sein Seelenselbst beim Sex zu aktivieren. Hinzuspüren, wie man sich fühlt, wie sich etwas anfühlt. Auch zu reflektieren, wie der Typ einen gerade scheiße befriedigt und dann etwas zu SAGEN und nicht weiter zu stöhnen um es dem anderen Recht zu machen.
Eigentlich sind wir doch Sklaven der Liebe, weil wir uns so sehr nach Zuneigung und Anerkennung sehnen. Was wir, finde ich, jedoch eigentlich anstreben, ist das Einswerden mit der Liebe in einem Selbst. Und mein Sexpartner kann mir helfen, mit mir eins zu werden und die Liebe in mir zu finden. Mich selbst besser zu spüren. In andere Welten zu fliegen. Wovor habe ich Angst, warum mag ich dies oder das nicht?
„Sexualität im Einklang mit Körper, Geist und Seele“, wie du es nennst, kann nur funktionieren, wenn man sich auch Geist und Seele des Gegenüber anschaut. Wir bekommen nur nicht gerne einen Spiegel vorgehalten. Emanzipierter Sex bedeutet komplette Ehrlichkeit, Gleichberechtigung und die Eier eines Mannes, seine „weibliche Seite“, die gefühlvolle, sensible Seite, auch zu zeigen. Damit beide sich weiterentwickeln können.
Ich glaub wir Ladies sind bereit. 😉
Liebe Sophie, alles was du sagst, ist doch total kongruent mit meiner Kernaussage dieses Artikels. Man hätte den Artikel auch eins zu eins für Frauen schreiben können. 🙂 Es fällt mir logischerweise allerdings etwas schwer, über weibliche Sexualität zu schreiben 🙂
Ganz liebe Grüße an dich und danke für deine schönen Thesen
Ludwig
wow, den artikel habe ich gerade gebraucht…und auch die weibliche sicht dazu…kann ich alles nur bestätigen…ich habe so genug von dieser ganzen fake liebe…ich liebe lieber ehrlich, lass mir dadurch aber auch grosse wunden zufügen die leider momentan so tief sind, das ich gar nichts mehr vorerst mit dem thema zu tun haben will….wie lasse ich diese am besten heilen und wo finde ich ebenbürtige partner? sicher nicht auf tinder…
in gedanken…
one true lady
Mancher Heilungsprozess erfordert so viel Konzentration, dass du ihn als Single bewältigen musst. Dieser Kontakt mit dir selbst in der Einsamkeit kann eine großartige Erfahrung sein, die dich deiner Ganzheit ein Stückchen näher bringt. Wenn die Zeit für dich reif ist, wieder zu daten, werden die richtigen Menschen in dein Leben treten.
Vielleicht auch über Tinder. Verschließe diesbezüglich nicht deinen Horizont. Immer schön weich, sanft und vorurteilsfrei bleiben in Liebesdingen. Darum geht es nämlich. Das Herz öffnen und weich machen. Deine Gefühle sehen und zulassen. Und dich liebevoll annehmen und diesen Liebesfunken in die Welt tragen. Dann kommen auch die richtigen Partner. Ich wünsche dir viel Glück bei deiner Herzöffnung, du true Lady 🙂
Ludwig
hej ludwig
danke für deine antwort. was mach ich wenn mein ehemaliger partner einer meiner einzigen emotionalen stützen war/ist? und wie kann die wunde heilen? ich denke zeit als komponente alleine reicht nicht. was empfiehlst du? ich habe mal von der sexual grounding theorie gelesen. kennst du die? oder weisst du andere möglichkeiten? mir fehlt auch ganz klar eine vaterfigur ich hätte da gerne wie ein pate oder so.sowie männliche bekannte wo ich das locker irgendwie mal angehen könnte. ich denke da nicht gleich an ne neue partnerschaft. hast du mir da ein tipp?
beste grüsse
the true lady
Meine Liebe. Wenn du nach einer Vaterfigur suchst, dann ist es auf Seelenebene deine eigene männliche Seite, nach der du suchst. Deine Kraft. Deine breite Schulter zum Anlehnen. Das, was dich Berge versetzen lässt und dich aus der Opferposition zu einer machtvollen Schöpferin deines Lebens wandelt. Wie du weißt tragen wir völlig geschlechterneutral ja alle männliche und weibliche Anteile bzw. Energien in uns, die ausbalanciert werden wollen. Wo hast du dich selbst von deiner eigenen Kraft abgeschnitten, deren Mangel du jetzt durch Männer zu kompensieren versuchst?
Danke lieber Ludwig für diesen Artikel und wie man an den Kommentaren erkennen kann ist es für Männer wohl ein bisschen herausfordernder über den heiligen Akt zu sprechen. 🙂 Danke dir für deine Offenheit und vor allem neutrale Schreibweise.
Alles Liebe