Neid. Wut. Eifersucht. Gier. Hass. Ich kenne diese Emotionen nur zu gut. Und immer, wenn ich von mir behauptete, ich würde sie nicht kennen, belehrte mich das Leben eines Besseren und ich sah mich Situationen ausgesetzt, die tatsächlich jene, von mir ursprünglich geleugnete Emotion ans Tageslicht brachten. Ich erinnere mich an Zeiten in meinem Leben, in denen es mir viel leichter fiel, diese Emotionen „weg zu rationalisieren“, ja sie durch moralische oder spirituelle Dogmen mit Licht und Liebe zu überpinseln.
Und ich weiß jetzt: Je mehr wir bei uns selbst ankommen, je intensiver wir mit uns selbst verbunden sind und uns selbst spüren – ein Zustand, der uns tatsächlich immer näher an unser inneres Licht bringt – , desto tiefer geht auch die Konfrontation mit diesen unserer finstersten Emotionen. Und desto unmöglicher erscheint es uns, erfolgreiche Verdrängungsstrategien des Egos an den Tag zu legen und durch Masken und Rollen gute Miene zum bösen Spiel zu machen.
Das mag uns erst einmal erschrecken. Zu widersprüchlich erscheint die gleichzeitige Nähe und zum Licht und jene zur Dunkelheit und zu gerne würden wir oft wieder ausweichen auf eine verkopfte Perspektive, von der aus wir uns über unsere dunklen Emotionen erheben und sie in die Tiefen unseres Unterbewusstseins verbannen können. Dieses Spiel können wir allerdings nur so lange mitspielen, bis wir konsequent den Weg in unser Herz antreten. Dort, wo wir tatsächlich Erfüllung finden. Dort, wo wir uns finden. Und trotzdem macht es Sinn, dass sich so vieles in uns sträubt, diesen Weg anzutreten. Dass sich eine Allianz unterschiedlichster Ängste und Zweifel in uns aufbäumt, wenn wir den Weg des Fühlens beschreiten. Obwohl wir tief in uns spüren, dass er uns frei und glücklich macht.
Warum fürchten wir uns so sehr vor unseren wahren Gefühlen?
Ja, warum fällt es uns so schwer, unsere dunklen Emotionen, Neid, Eifersucht, Hass, einfach so in Echtzeit zu fühlen und ihnen liebevoll Raum zu geben? Warum verbringen wir teilweise Wochen damit, gegen diese Gefühle anzukämpfen, um dann irgendwann völlig geschwächt zu kapitulieren oder emotional auf eine Weise zu explodieren, die unsere Mitmenschen und vor allem uns selbst verletzt?
Die Antwort liegt in der selbstliebefeindlichen Konditionierungen unseres inneren Kindes begründet. Wenn wir uns als Kinder mit schwierigen Gefühlen alleine gelassen werden, ja uns hilflos und ohnmächtig fühlen … wenn wir uns abgelehnt fühlen mit unseren Emotionen, ja Liebesentzug erfahren, wenn wir wütend und traurig sind, dann opfern wir unsere wahren Gefühle ganz unterbewusst einer angepassten Rolle, von der wir uns Liebe und Zuwendung seitens unserer emotionalen Bezugspersonen versprechen. Wir geraten in ein angepasstes „Liebkindchen“-Schema, das sämtliche dunkle Emotionen in einem sorgsam bewachten Keller unseres Unterbewusstseins sperrt.
Und wehe, diese Emotionen finden Schlupflöcher, was sie unweigerlich tun, weil sie im Zustand der Verdrängung immer mehr an toxischer Schubkraft gewinnen. Dann dreht unser innerer Kritiker – im Endeffekt eines unserer verlassenen inneren Kinder, das seinen Schmerz durch harte Selbstverurteilung tarnt und uns davor zu schützen versucht – so richtig auf und versucht alles, um diese Emotionen durch Schuldgefühle und Selbstvorwürfe weiterhin in Zaun zu halten. Bis er die angestaute Flut der Emotionen nicht mehr länger kontrollieren kann. Und wir in einem schwachen Moment überwältigt werden von dieser Flut, die uns mit ihrer ganzen Zerstörungskraft mitreißt und fruchtbaren Nährboden für Drama, Konflikte und Missverständnisse bereitet.
Präsent bleiben und FÜHLEN, was ist
Steigen negative Emotionen in dir hoch, kannst du aus der Beobachterperspektive wahrnehmen, wie dein Verstand dich sofort in eine Gedankenspirale der Ablehnung befördert, die sich entweder auf dich selbst bezieht oder du in Form von Wut und Schuldzuweisungen auf deine Mitmenschen projizierst. Die zweite Variante erfolgt meist auf subtile Weise. Wir sensitiven Seelen, die sich intensiv spüren, neigen in diesen Fällen zur noch ungesünderen passiven Aggression, die die sowohl die authentische Verbundenheit zu uns selbst als auch jene zu unseren Mitmenschen über kurz oder lang vollständig blockiert.
Diesen „Inneren-Kind“-Mechanismus können wir durch Bewusstheit entlarven und uns dazu entscheiden, mit unserem Gefühl in Kontakt zu bleiben. Wir dürfen uns daran erinnern, dass wir als Erwachsene nun radikale Verantwortung für unsere Gefühle übernehmen können. Diesen Empfindungen nicht mehr ausgeliefert sind, wie wir es als Kinder waren, wo wir in einem Zustand radikaler Abhängigkeit von unseren emotionalen Bezugspersonen Gefühle unterdrücken und verdrängen mussten, um weiterhin geliebt zu werden. Wir dürfen uns daran erinnern, dass wir nicht sterben, wenn wir unsere negativen Emotionen die Erlaubnis geben, da zu sein. Dürfen spüren, wo im Körper sie drücken, ziehen, sich warm, heiß oder kalt anfühlen. Dürfen den Kontakt zu unserer körperlichen Empfindung halten, präsent bleiben und kommunizieren, was in uns körperlich vorgeht und welche Emotionen sich gerade genau in uns hervortut. Dieser Akt des authentischen Fühlens ist das größte Geschenk, was wir unserer Seele machen können. Und wir geben dabei auch anderen Menschen die Möglichkeit, ja inspirieren sie dazu, sich selbst dieses Geschenk zu machen!
Du wirst staunen, wie befreiend es sich anfühlt, dir selbst deine dunkelsten Emotionen zuzugestehen. Und du wirst staunen, wie dadurch ein Frieden in deiner Gefühlswelt einkehren wird, den du nicht mehr länger durch krampfhaftes Streben nach Licht und Liebe erzwingen musst, sondern der einfach IST. Mit seinem Licht und seiner Dunkelheit.
Heile deine Glaubenssätze!
Bei der Heil- und Innenarbeit mir mir selbst und mit anderen stoße ich immer wieder auf die selben tief im Unterbewusstsein verankerten Glaubensmuster, die dazu führen, dass wir unsere wahren Gefühle unterdrücken. Glaubensmuster, die sich aus vergangenen Erfahrungen speisen und authentische Verbundenheit mit uns selbst und unseren Emotionen verhindern.
Solche Glaubenssätze können sein:
- Wenn ich mein wahres Gesicht zeige, werde ich abgelehnt.
- Ich darf meine wahren Gefühle nicht fühlen, um liebenswert zu sein.
- Wenn ich meine innere Wahrheit erkenne, zeige und ausspreche, bin ich in Gefahr.
Egal zu welcher Art von Heil-und Innenarbeit du dich hingezogen fühlst. Ich möchte dir empfehlen, jene Glaubenssätze, die offensichtlich zur Abspaltung von deinen wahren Gefühlen beitragen, in die Heilung zu bringen!
Sei sanft, liebevoll und geduldig mit dir. Und lade dich immer wieder selbst dazu ein, das in deinem Körper zu spüren und auszudrücken, was gerade ist. So negativ dein Verstand dies auch bewerten mag. Das bist du in deiner Ganzheit. In deiner Vollkommenheit.
Ich wünsche dir ganz viel Fühlen. Ganz viel Heilung. Ganz viel Verbundenheit mit dir selbst.
Dein