Was hat es eigentlich mit diesem Ego auf sich?

Im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet man den Begriff des Egos gerne, um auf sich auf eine Person mit egozentrischer Grundhaltung zu beziehen, die alleine auf ihr eigenes Wohl bedacht ist.

Im spirituellen Kontext ist diese Definition nur ein kleiner Bestandteil einer Instanz unseres Bewusstseins, über die ganze Bücher geschrieben werden.

Machen wir’s kurz.

Das Ego ist die Summe aller Konditionierungen, Erfahrungen und Glaubenssätze darüber, was und wie du zu sein glaubst. Es ist deine persönliche Story mit all ihren Höhen und Tiefen. Dein gehegtes und gelebtes Selbstbild, das du mit aller Macht aufrecht zu erhalten versuchst. Es ist dein bloßer Kampf ums Überleben. Es ist die liebeshungrige Instanz in dir, die Anerkennung im Außen sucht und deinen Selbstwert über deine Erfolge definiert. Die dich zugleich erhebende und erniedrigende Instanz, die wertet und verurteilt. Die misstrauische Instanz, die dir Angst einjagt, wenn du nicht so bist, wie andere dich gerne hätten. Die grübelnde Instanz, die in Kooperation mit deinem Verstand aus jeder Ameise einen gewaltigen Mindfuck fabriziert.

So negativ es klingt: Es ist die Instanz deines Bewusstseins, die dich aus der bedingungslosen Liebe zu dir selbst und deinen Mitmenschen entfernt und dich in einen wachsamen Angriffsmodus gegen alles und jeden versetzt, der deinem Selbstbild gefährlich werden könnte. 

Nun wollen wir das Ego aber mal nicht verteufeln. Im Kampf um’s nackte Überleben ist es tatsächlich ein wertvoller Begleiter, der es gut mit uns meint. Ohne diesen Begleiter hätten wir’s in der menschlichen Evolution lange nicht so weit gebracht.

Jahrtausende später ist die Funktionsweise des mittlerweile aufgeblähten, überdominanten Egos eher skeptisch zu betrachten. Egal ob über zahlreiche Umwege oder volle Kraft voraus – es schafft grenzenlos Voraussetzungen für Schmerz und Leid.

Noch als Kleinkinder fühlen wir uns vollkommen und liebenswert. Vollkommen und liebenswert für das, was wir von Natur aus sind. Dann geraten wir zwangsläufig in den Strudel unserer Leistungsgesellschaft, die den Wert von Menschen nach Status, Leistung und Aussehen definiert. Und machen unsere ersten Schritte in Richtung Angst. In Richtung Angst, nicht gut genug zu sein. In Richtung Angst, abgelehnt zu werden. Wir trainieren uns in Glaubenssätzen darüber, wie wir zu sein haben. Und beziehen unseren Selbstwert aus illusionären Bestätigungsquellen im Außen, die uns Glück versprechen, doch niemals in langfristiger Erfüllung münden.

Unser Ego führt uns aus unserer wahren Natur der Vollkommenheit in die Illusion der Angst.

Eine Illusion der Angst, die uns schier wahnsinnige Gedankenmuster einimpft, die in wiederum schier wahnsinnigen Handlungen münden.

Jeder spirituelle Weg drängt uns aus der Illusion zurück in die Liebe. Aus den wahnsinnigen Ego-Prägungen in unser wahres Sein. 

Denn wenn wenn wir uns von all den selbstkonstruierten Fassaden, all den Selbstzweifeln, ja all den antrainierten Denkmustern darüber, wie wir zu sein haben, befreien, kommt unser wahres Sein zum Vorschein. In bedingungsloser Selbstliebe ruhend und unglaublich kraftvoll darin, uns in Richtung jenes Lebens zu pushen, das unser wahren Natur entspricht.

Dein Ego wird dagegen vehementen Widerstand leisten. Es ist ein wahrhaft raffiniertes Bürschchen. Und wird immer wieder mit aller Macht versuchen, die 1000 Stimmen des inneren Zweiflers in deinen Kopf gewaltsam zu aktivieren, wenn du entgegen seiner Gefühls-und Glaubensmuster und im Einklang mit deinem wahren Sein handelst.

Wie verrückt unser Ego ist, zeigt sich daran, dass es sich permanent selbst angreift. Schuldgefühle, Scham, Zweifel, wenn du wieder einmal auf dein bestätigungsgeiles, neidisches, ängstliches, kontrollsüchtiges Ego reingefallen bist? Und schon bist du wieder mittendrin. In den Klauen deines Egos, das dich einfach nicht aus der Hand geben will.

Weil jede Form von Unfrieden dem Ego entspringt, ist es wichtig, damit Frieden zu schließen. 

Dann entziehst du ihm die Kraft des Selbsthasses, der wie ein unsichtbarer Schleier all dein Handeln und Denken durchdringt, wenn du dich zu sehr mit deinem Ego identifizierst.

Apropos Identifikation: Hast du deine Ego-Muster erkannt, hast du schon einen großen Schritt in Richtung Ego-Bewältigung gemacht. 

Ich kenne die ausgeklügelten, manipulativen Tricks meines Egos mittlerweile sehr gut, deren es sich bedient, um mich zu angstbasierten Gedanken und Handlungen zu bewegen.

Oftmals habe ich sogar einen Heidenspaß mit meinem Ego und muss lachen über die Dramen, die es produziert, um mir Schuldgefühle einzuflößen, mich klein zu halten oder zum Angsthasen mutieren zu lassen.

Dann kann es vorkommen, dass ich beginne, von meinem Ego in der dritten Person zu sprechen. Und ich schaffe eine Distanz zwischen meinem wahren Ich und meinem Ego, die die reine Ego-Identifikation mit all ihrem Leiden bricht.

„Mein Ego hat gerade Angst, dass du diesen Artikel nicht gut finden wirst.“

Macht nix. Ich versuch trotzdem, es lieb zu haben. Irgendwie.

Du bist nicht dein Ego. Seine angstvollen Gedanken. Sein Versuch, es dir selbst und allen anderen immer wieder beweisen zu müssen. Sein Mangel an Liebe.

Du bist viel mehr! Du bist dein wahres Sein in all seiner naturgegebenen Kraft und Liebe.

Dein

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