„Ängste überwinden“ ist ein Begriff, der sich für mich überhaupt nicht stimmig anfühlt. Es klingt danach, als ob man nur einmal seinen ganzen Mut zusammennehmen und dann mit einem großen Anlauf über die Angst drüber springen könne. Noch einmal davon gekommen! Puh. Eine tapfere Fluchtaktion und mit Bravour überwunden.
Auch Angstbewältigung gefällt mir nicht. Lernen, mit seinen Ängsten zu leben. Viel zu anstrengend! Ich bin ein spiritueller Idealist, manchmal vielleicht etwas zu idealistisch.
Meiner Ansicht nach sind unsere Ängste dunkle Emotionen, die gesehen und gefühlt werden wollen. Die nach Aufmerksamkeit und Liebe schreien und uns nur dann peinigen, wenn wir sie verdrängen.
So war jede meiner Ängste immer ein Tor in die Freiheit. Durch das ich konsequent durchschreiten musste. Und damit meine ich die tiefsten Tiefen meiner Ängste zu sehen und zu fühlen. Mich durch all die Schichten dieser drückenden, ziehenden, ekligen Emotionen durchzufühlen und zu spüren, wie ich immer weicher werde, loslasse und schließlich am anderen Ende des Tores in der Freiheit angekommen bin.
Sag ich doch. Ich bin ein spiritueller Idealist. Und habe allerdings auch erkannt, dass uns gewisse Ängste immer wieder einholen.
Was wäre das Leben ohne Ängste? Sie sind unsere Indikatoren dafür, wo wir noch Wunden in uns tragen, die nie wieder gefühlt werden wollen. Ja, sie machen einen Weg frei zu jenen negativen Emotionen, die stark verkrustet in unserem Unterbewusstsein schwelen. Sie lassen uns fühlen! Und alleine darin liegt ein unglaublich wertvolles Geschenk.
Auf mentaler Ebene lassen sich Ängste schlecht beseitigen. Es ist, wie als würdest du einer tiefsitzenden Wunde deiner Seele ständig gut zureden und dann von ihr erwarten, dass sie von selber heilt. Deshalb spielt es eigentlich keine Rolle, ob deine Angst wirklich begründet ist oder nicht. Das Gefühl ist das Selbe. Du kannst es natürlich kurzzeitig lindern, in dem du dich in Gedanken immer wieder selbst beruhigst oder doch von anderen beruhigen lässt. Doch an dein schlechtes Gefühl kommst du dadurch nicht ran. Dieses geht nur dann in den Frieden, wenn du Frieden damit schließt, ja sämtliche Widerstände dagegen loslässt und dich achtsam und liebevoll auf eine Reise zu diesem Gefühl machst.
Mit dieser Übung nimmst du deine Ängste liebevoll an
Schaffe dir Zeit und Raum. Diese Übung verträgt keinen Zeitdruck. Lege dich hin und entspanne dich. Fokussiere dich auf deinen Atem und komme ganz bei dir an. Bitte die jeweilige Angst sich zu zeigen. Wenn du feinfühlig bist, wirst du sofort ein Ziehen, einen Druck ein „Flattern“ irgendwo im Körper verspüren – wahrscheinlich in der Magengegend zwischen Solarplexus und Bauchnabel. Schenke nun der Angst deine uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Begrüße sie im Stillen, gib ihr das Gefühl, dass sie nun gesehen wird. Nimm die Rolle des stillen Beobachters ein, der voller Mitgefühl bei der Emotion verweilt, allerdings nicht darin versinkt. Spüre nach: Wie fühlt sich die Angst an – heiß oder kalt? Wo im Körper will deine Angst hinfließen? Spürst du, wie sie weicher wird, sich ausdehnt, wenn du achtsam Raum gewährst? Wie das Gefühl der Anspannung nachlässt, je mehr du dich ihr widerstandslos hingibst? Weil wir keine Emotion langfristig loslassen können, bevor wir die Botschaft dahinter nicht verstanden haben, ist es sogar sinnvoll mit der Angst zu kommunizieren. Frage sie, was sie dir zu sagen hat. Welches Thema oder Muster dahinter steckt. Dein Verstand wird immer wieder versuchen, deine Konzentration auf die Angst durch ablenkende Gedanken zu stören. Driftest du ab, versuch stets aufs Neue, zu ihr zurückzukehren. Vielleicht besteht deine Angst aus mehreren emotionalen Schichten, die ihren Ursprung überall wo anders in deinem Körper haben. Das macht nix. Fühle dich Schicht für Schicht durch die Angst durch und sei dabei ein achtsamer Reisender durch deinen Körper. Mit ein bisschen Geduld wirst du spüren, wie sich das unangenehme Gefühl immer mehr im luftleeren Raum auflöst, wie du immer tiefer von einem Gefühl des inneren Friedens erfüllt bist. Wie du sie transformierst und in die Liebe bringst. Musst du die Übung auf Grund von Zeitmangel abbrechen, teile der Angst mit, dass du später zu ihr zurückkehren wirst.
Hast du verstanden worum es geht? Darum, dass du dich und die Angst liebevoll hältst, mit ihr tanzt und durch einen ausführlichen Dialog all jene Botschaften verinnerlichst, die sie dir auf deinen Weg mitgeben möchte. Als liebevoller Beobachter bist du ihr nicht ausgeliefert: Du lernst sie zu verstehen. Und sie durch radikale Bewusstheit liebevoll anzunehmen.
Happy Transformation!
Dein