Als mich meine Mutter früher ins Bett brachte, musste sie mich immer schwer keuchend über die Treppe nach oben schleppen, während ich mich wie ein kleines Äffchen an ihre Brust klammerte. Ich liebte das Gefühl, gehalten zu werden. Das Gefühl von Geborgenheit. Das Gefühl von Sicherheit.
Wir alle lieben von Natur aus dieses wundervolle Gefühl körperlicher Nähe, auch wenn viele von uns es nicht mehr spüren können!
Denn aus dem verletzlichen Kind, für den körperliche Berührung ein nicht zu hinterfragendes Grundbedürfnis darstellt, wird ein Erwachsener, der zu funktionieren hat und der sich keine Schwäche leisten kann. Für den Empfindsamkeit eher ein Laster als ein Segen ist.
So verschließen wir unser Herz und spalten den Wunsch nach heilsamer Berührung von uns ab. Das Maß an Berührung in unserem Leben begrenzen wir auf Liebesbeziehungen, in denen wir viel zu oft auch nur rammeln anstatt uns tief auf physischer und seelischer Ebene zu berühren.
Schade eigentlich. Denn jede liebevolle körperliche Berührung ist gleichzeitig eine liebevolle Berührung für unsere Seele. Eine Berührung, die unser Herz nährt und uns im Vibe der Liebe Kraft für das Leben tanken lässt. Eine Berührung, die wir uns aus tiefstem Herzen wünschen dürfen, indem wir dieses Grundbedürfnis unseres inneren Kindes würdigen.
Denn nur weil wir erwachsen sind, heißt das nicht, das unser inneres Kind sich aus dem Staub gemacht hat. Im Gegenteil: Es lebt weiter in uns und peinigt uns meist unterbewusst durch massive Bedürftigkeit, wenn wir nicht Verantwortung für seine Bedürfnisse übernehmen. Wenn wir nicht lernen, den Kontakt zu diesen unseren Grundbedürfnissen herzustellen und diese sinnliche Komponente von körperlicher Nähe und Berührung wieder in unser Leben zu integrieren.
Bis vor einigen Jahren war mein Herz verschlossen. Ich hatte meine Emotionalität und dadurch auch mein inneres Kind komplett von mir abgetrennt und meinen Fokus völlig in den Kopf verlagert. Körperliche Nähe war mir ein Fremdwort. Ich hatte nicht mal Sehnsucht danach. An der Oberfläche. Denn unter all den Schutzmauern, die ich um mein Herz aufgebaut hatte, verzerrte sich mein inneres Kind nach Berührung.
Je mehr ich den Zugang zu meiner Gefühlswelt wieder freigeschaufelt hatte, je mehr sich mein Herz öffnen und sich mit all seiner Verletzlichkeit offenbaren konnte, desto mehr kehrte liebevolle körperliche Berührung in mein Leben zurück.
Desto mehr Menschen traten in mein Leben, mit denen ich sexuell oder rein platonisch Berührungen erfahren durfte, die ein Tor für Heilung und Transformation in den Tiefen meiner Seele öffneten.
Und desto mehr begriff ich, dass wir bei allem Streben nach Selbstliebe und eigener Ganzheit das Bedürfnis nach körperlicher Nähe niemals verdrängen sondern liebevoll annehmen sollten.
Wie holst du dir also diesen so bedeutsamen Aspekt liebevoller Körperlichkeit zurück in dein Leben?
Das einzige, was du tun musst, ist dein inneres Kind und seine Bedürfnisse zurück in dein Leben zu integrieren. Deiner Sanftheit und deiner Verletzlichkeit wieder Raum in deinem Leben zu geben und somit seelische Voraussetzungen zu schaffen, die dein Herz Stück für Stück öffnen.
Ja! Du musst auf seelischer Ebene den Entschluss fassen, dein Herz zu öffnen! Den Mut aufbringen, all jene Blockaden anzuschauen und zu heilen, die es verschlossen halten. Nur dadurch beweist du wahre Größe und Stärke. Nur durch diesen engen Kontakt mit dem inneren Kind und seinen Sehnsüchten kannst du wirklich erwachsen werden, ja eigenständig Verantwortung für dich und deine Bedürfnisse übernehmen.
Mit diesem offenen Herzen wirst du zum Magnet für Menschen, mit denen du die Magie körperlicher Berührung zelebrieren kannst – egal ob es bei Kuschelsessions bleibt oder sich zu tiefer, heilsamer Sexualität entwickelt.
Mit diesem offenen Herzen bist du in der Lage, all jene Körperkomplexe zu heilen, die dir Angst vor körperlicher Nähe einflößen.
Mit diesem offenen Herzen bist du in der Lage, Liebe, Nähe und Vertrauen im Hier und Jetzt zu leben, ohne dich zwanghaft an den Status einer festen Beziehung zu klammern.
Mit diesem offenen Herzen bist du in der Lage, deine körperlichen Bedürfnisse liebevoll an die Menschen in deinem Umfeld zu kommunizieren, ohne dich dafür zu schämen.
Mit diesem offenen Herzen bist du in der Lage, die Liebe fließen zu lassen, die jede Berührung so heilsam macht!
Nur wenn du dafür empfänglich bist, tief im Herzen berührt zu werden, wirst du auch auf körperlicher Ebene tief und liebevoll berührt werden.
Wo spürst du noch Blockaden, die dich davon abhalten, dein Herz zu öffnen? Wo ist die tief in dir ruhende Sanftheit und Liebe noch von einem dunklen Schleier negativer Emotionen verdeckt? Wo trägst du noch Masken aus dem Glauben heraus, du dürftest keine Schwäche zeigen?
Happy Healing! Happy Transformation! Happy sacred touching!
Dein
Photo Credit: Robin Schnider
Danke Ludwig, wieder mal für diesen tollen Artikel! Mir wird das Ganze immer ’schmerzlich‘ bewusst, wenn ich (wieder mal) single bin. Dann vermisse ich diese Nähe, die körperliche Berührung ganz besonders und mir wird bewusst, wie wenig ich meine Bedürfnisse nach körperlicher Nähe und Berührung außerhalb von Partnerschaften „pflege“. Meiner Meinung nach, hat das auch viel damit zu tun, wie man aufgewachsen ist, wenn man, wenig körperliche Nähe und Liebe in seiner Vergangenheit erlebt hat, fällt es einem schwer, sich dies auch im späteren Leben zu gewähren. Man fühlt sich regelrecht schlecht dabei, das Bedürfnis nach Nähe und Berührung zu haben. Zum Glück gibt es Freunde, die einen dann gern auch mal in den Arm nehmen und fester drücken. 😉
Alles Liebe
Melanie
Hey Melanie. Klingt als ob du auf dem richtigen Weg wärst. Das freut mich!
Lieber Ludwig,
was für ein wunderbarer Artikel.
Ich habe früher körperliche Nähe in Freundschaften sehr vermisst.
Für mich waren Berührungen immer gleich mit Erwartungen und sexuellen Zusammenhängen verbunden. Es ist so wichtig sich sich sicher zu fühlen, wenn Körpernähe im Spiel ist.
Als ich mein FÖJ in Berlin gemacht habe, habe ich eine neue Welt entdeckt.
Meine Seminargruppe hat Massage-und Kuschelrunden zelebriert. Wir haben uns immer mal wieder explizit zum Massieren und Kuscheln getroffen.
Das ist so wunderbar und seit die Konditionierung durchbrochen ist, dass Körpernähe auf romantische Beziehungen beschränkt ist, fühle ich mich freier und wohler körperlich nah zu sein mit Freunden und meiner Familie.
Fühl dich herzlichst umarmt.
Cosima
Du als Kristallkind hast da sowieso schon wieder eine Lösung gefunden ;))
Hallo Markus, das freut uns sehr, dass du für dich so viel mitnehmen konntest. Ganz liebe Grüße