„Generation Beziehungsunfähig“ – ich persönlich kann diesen Begriff nicht mehr hören. Einerseits, weil wir uns dadurch in eine Opferrolle drängen und uns der Illusion hingeben, dass früher alles besser gewesen sei. Anderseits weil er einen viel zu einseitigen Fokus auf das Beziehungsthema richtet. Er wird dem, was in unserem Innenleben vorgeht, wenn wir Widerstand gegen Bindung und Beziehung empfinden, schlichtweg nicht gerecht!

Für hochsensitive Seelen wie mich ist Beziehung eine andere Nummer und stellt mich vor ganz andere emotionale Herausforderungen! Und damit will ich mich nicht über die breite Massen erheben, nein. Ich will für uns intensiv fühlende Menschen nur eine Lanze brechen und klarstellen, dass wir uns nicht so ohne weiteres in ein gesellschaftlich vorgegebenes Beziehungsschema pressen können, der Sicherheit wegen. Das Thema Beziehung führt uns wie kein anderes an unsere Innenwelt heran, konfrontiert uns mit Schmerz und mit der Aufgabe, gesunde Grenzen zu setzen und für uns einzustehen. Es ist ein Prozess, in dem wir viel Heilung und Liebe finden können, in dem es uns aber absolut nicht gut tut, uns mit anderen zu vergleichen oder uns in Konzepte zu zwängen, weil wir doch eigentlich sollten und müssten.

Wir alle tragen ein verletztes inneres Kind  mit einem großen Sicherheitsbedürfnis in uns, das Angst hat, erneut verletzt und abgelehnt zu werden. Und als Menschen, die einen guten Zugang zu ihrer Gefühlswelt haben, spüren wir dieses innere Kind und seine Ängste sehr intensiv. Wir alle haben hin und wieder das Bedürfnis nach Rückzug, nach Phasen des Alleinseins, in denen unsere Seele Kraft tanken und Erkenntnis und Heilung finden kann. Wir alle wissen manchmal nicht, was wir genau fühlen und ob das wirklich Liebe ist. Wir alle haben irgendwie Angst, die Erwartungen nicht erfüllen zu können und unsere Mitmenschen zu verletzen. Und uns allen fehlt oft der Mut, unsere Gefühle zu würdigen und sie zu kommunizieren, weil wir glauben, dass wir irgendwie falsch sind. Ja, wir alle teilen, wenn wir uns wirklich spüren, mehr oder weniger die selben Themen im Bezug auf Beziehungen!

So stehen wir in diesem Spannungsfeld unterschiedlicher emotionaler Themen und Herausforderungen und können darin unglaublich viel Wachstum und Transformation finden, wenn wir achtsam beobachten, welche negativen Glaubenssätze und Gefühlsmuster uns unsere potenziellen Partner spiegeln. Wir können unser Herz Stück für Stück öffnen, ja uns Schritt für Schritt einer Form der bedingungslosen Liebe nähern, die uns wahrhaftig erfüllt und die Ängste des Egos, Liebe zu geben und zu empfangen, auf die Zuschauerbühne verdrängt. Und wir dürfen während dieses ganzen Prozesses lernen, und selbst liebevoll anzunehmen mit allem Licht und allem Schatten!

Und weil wir im Rahmen dieses Beziehungsthemas so tief in unsere Innenwelt eintauchen, uns emotional öffnen und offenbaren müssen, uns manchmal dabei auch vielleicht schutzlos und unsicher fühlen, dürfen wir dabei ganz sanft und liebevoll mit uns selbst sein. Wir müssen uns den Vorwurf der „Beziehungsunfähigkeit“ nicht gefallen lassen, egal ob er von anderen oder von unserem eigenen inneren Kritiker kommt. Und wir dürfen unsere innere Wahrheit würdigen, unsere Gefühle anerkennen und uns auch lieb haben, wenn wir es mal wieder nicht hinkriegen mit der Beziehung! Solange wir bereit sind, Verantwortung für unsere Gefühle zu übernehmen und Schritte in Richtung Heilung jener Blockaden zu unternehmen, die unser Herz noch verschlossen halten, sind wir auf dem für uns genau richtigen Weg. Egal ob mit dem Beziehungsstatus „Single“, „Mingle“ oder „Vergeben“.

Wir sind nicht beziehungsunfähig! Wir sind auf dem Weg von der Angst in die Liebe!

So much love,

Dein

ludwig_unterschrift