Manchmal fühle ich mich fremd. Sehr, sehr fremd. Weil mich die Welt meiner Seele oft viel mehr interessiert als die Welt dort draußen. Und weil ich mit vielen, vielen Menschen, die mich dort wo ich mit mir stehe, nicht begreifen, einfach nichts anfangen kann. Mittlerweile ist das kein unangenehmes Gefühl mehr. Und die Betonung liegt hierbei tatsächlich auf „nicht mehr“. Ein kleiner Restschmerz bleibt übrig. Das ist okay. Denn ich glaube, dass unser inneres Kind, dieser kindliche, verletzliche Seelenanteil in uns immer ein Stück weit dazugehören möchte. Nichtsdestotrotz fühlt es sich sehr friedlich an, in vielen Bereichen Frieden mit meinem „Anders sein“ geschlossen zu haben. Auch wenn ich hier noch nicht am Ende dieses Prozesses angelangt bin. Und auch das ist vollkommen okay! Alleine das Wagnis, den Kampf gegen das eigene Selbst zu beenden und der seelische Prozess, der damit einhergeht, ist ein wundervoller Akt der Befreiung.

Ich wohne seit fünf Jahren im hippen Berlin und ich erinnere mich schmunzelnd an die Zeiten zurück, in denen ich versuchte, den hippen Vorzeige-Berliner zu mimen. Während ich diese Zeilen niederschreibe, muss ich tatsächlich laut lachen. Und auch das fühlt sich befreiend an. Es bereitet mir keinerlei Schmerz mehr, weder auf Elektro-Musik zu stehen noch Erfüllung darin zu finden, meine Zeit auf irgendwelchen hippen Events zu verbringen. All das will ich nicht werten. Im Gegenteil. Ich liebe es zu sehen, wie Berlin vor Lebendigkeit übersprudelt. Doch ich musste für mich lernen, dass meine Definition von Lebendigkeit eine andere ist wie jene, die in der Berliner Szene den Ton angibt. Auch das klingt ein bisschen wertend. Ist es nicht. Schlussendlich ist es ohnehin nur eine kollektive Projektion. Die Projektion von einer „Szene“. Und die Projektion von dem, was gerade „en vogue“ ist.

„En vogue“ bin ich nicht nach diesen Maßstäben definitiv nicht. Mein inneres Kind hört manchmal gerne Volksmusik (soll ich mich dafür schämen? – vielleicht) und zur abendlichen Entspannung höre ich lieber Bibi Blocksberg Kassetten als mit Freunden eine Bar aufzusuchen.

Im Grunde ist es sowieso völlig egal, ob man objektiv dazugehört oder nicht. Denn im tiefsten Kern fühlen sich wohl die meisten Menschen anders als die breite Masse. Sie verbringen nur ein Leben damit, gegen dieses Gefühl anzukämpfen, um die damit verbundene Angst „nicht dazu zu gehören“ nicht spüren zu müssen. „Nicht dazu zu gehören“ assoziiert unser inneres Kind mit „nicht gut genug sein“. Und das bedeutet nicht geliebt werden für das, was man ist. Nicht geliebt werden für das, was man ist, ist eine prägende traumatische Erfahrung, die wir bereits als Kind auf schmerzvolle Weise erlebt haben. Und unser Ego setzt alles daran, um diesen Schmerz zu vermeiden. Natürlich entwickeln wir Anpassungsstrategien. Strategien, um dazuzugehören. Strategien, um geliebt zu werden.

Diese Anpassungsstrategien entfernen uns von unserem wahren Selbst und locken mit falschen Versprechungen. Wird es uns jemals erfüllen, für etwas geliebt und anerkannt zu werden, was wir in Wirklichkeit gar nicht sind? Nein, wird es nicht. Unsere Seele strebt nach Wahrheit und Authentizität. Und alles, was dem entgegenstrebt, wird uns auf tieferer Ebene schlussendlich in das Gefühl einer inneren Leere führen.

Trotzdem ist es wichtig zu begreifen, dass die abgestumpfte Phrase „Sei du selbst“ an der Oberfläche leichter gesagt als in der Tiefe der Gefühlswelt getan und erfolgreich praktiziert ist. Weil wir alle Liebesentzug und Ablehnung erfahren haben, wenn wir „wir selbst“ waren. Und weil uns diese Erfahrungen unterbewusst in eine Richtung programmiert haben, die weitere Ablehnung vermeiden sollte. In eine Richtung, die in uns ein gewisses Streben auslöst, dazu gehören zu wollen.

Als sensitive Seele kannst du dich wahrscheinlich sehr gut mit dieser Empfindung identifizieren, dich zuweilen einsam, fremd und nicht zugehörig zu fühlen. Dich mit deinen Emotionen und Bedürfnissen nicht gesehen und geliebt zu fühlen. So sehr dich verbitterte Ego-Anteile deiner selbst auch dazu antreiben möchten, weiterhin einen Kampf um Zugehörigkeit zu führen, solltest du dir im Klaren sein, dass es eine viel bessere Lösung gibt.

Nur die tiefe Verbundenheit, ja die Zugehörigkeit mit dir selbst wird dir das Gefühl von innerer Ganzheit und Erfüllung geben können.

Das, was du bist, liebevoll zu umarmen. Das, was du von dir abgespalten hast, weil es dir Schmerz bereitet hat, Stück für Stück zu dir zurückzuholen. Den Kampf um Liebe, Anerkennung und Zugehörigkeit zu beenden.

Wie das geht, fragst du dich? So schön dieser Satz auch klingen mag. In der Praxis erfordern sie einen tiefen Blick nach Innen. Folgende Inspirationen möchte ich dir dazu ans Herz legen.

1. Erschaffe eine bewusste Beziehung zu deinem inneren Kind! In der du als guter Mutter, als guter Vater für dich selbst auf liebevolle Tuchfühlung mit deinem inneren Kind gehst. Du kannst nur dann ganz und heil werden, wenn du deine verletzlichsten, sensitivsten Anteile zu dir zurückholst und lernst, für sie da zu sein. Körperlich zu spüren, wie es ihnen geht. Sie zu sehen mit all ihrem Schmerz. Und genau dadurch zu verhindern, dass du unbewusst permanent aus dem verletzten inneren Kind heraus agierst, das dazugehören möchte sondern bewusst in der Lage bist, zu spüren, was du wirklich bist. Welche Menschen, Situationen und Orte dir gut tun oder nicht.

2. Lass dich von deiner Einsamkeit nähren! So leer sich „Alleine sein“ auch anfühlen mag, speziell wenn du als einen dir aufgezwungen Zustand wahrnimmst, so sehr kannst du diese Leere nutzen, um konsequent für dich da zu sein und sie zur wertvollen Innenarbeit zu nutzen. Dies ermöglicht dir, Schritt für Schritt die Opferrolle abzulegen und Eigenverantwortung zu übernehmen – für dich, deine Heilung und dein emotionales Wohlbefinden. Für die Verbundenheit mit dir selbst.

3. Umgebe dich mit Gleichgesinnten! Durchforste in Gedanken deinen Freundeskreis und spüre dich hinein. Mit wem „schwingst“ du tatsächlich noch auf einer Ebene, bist in der Lage, ganz du selbst zu sein und fühlst dich darin unterstützt dein wahrhaftiges Selbst zu leben? Welche Menschen hingegen wollen auf tieferer Seelenebene losgelassen werden? Bei allen Verdrängungsstrategien, die dein verlustängstliches Ego an den Tag legen wird, um deine gefühlte Wahrheit zu verschleiern, fühlst du genau, in welche Richtung es dich zwischenmenschlich drängt und wo du gewisse Menschen nicht mehr auf deinen Weg mitnehmen möchtest. Meiner Wahrnehmung nach treten gleichgesinnte Seelen dann in unser Leben, wenn wir uns hingebungsvoll für jene Anteile und Potenziale in uns öffnen, die wir zuvor verschlossen hielten. Wenn du dir empathische, sensitive, spirituell veranlagte Weggefährten wünschst, dann bringe diese Qualitäten selbst in dir zum Leuchten und trage sie nach außen. Das Gesetz der Resonanz wird dann ganz in deinem Sinne arbeiten.

4. Heile deine Scham! Du schämst dich dafür, anders zu sein und wünschst dir manchmal, etwas angepasster und konventioneller zu sein? Dies kann viele Ursachen haben. Wir alle tragen hartnäckige familiäre und gesellschaftliche Konditionierungen in uns, die uns suggerieren, wir dürften nicht wir selbst sein. Und haben in der Regel Erfahrungen des „Ungeliebt seins“ gemacht, die genau diese Konditionierungen befeuert und destruktive Glaubenssätze in jeder Zelle unseres Körpers gespeichert haben. Diese Glaubenssätze sind dir nun als Wächter dienlich, um den Schmerz dieser Erfahrungen, die Ablehnung, das vermeintliche „Falsch sein“ und die damit verbundene Scham nicht wieder spüren zu müssen. Jene Anteile, für die du dich am meisten schämst, halten in der geheilten Form das größte Potenzial für dich bereit. Befreie dich nun von all diesen toxischen Glaubenssätzen. Bringe sie aus der Dunkelheit in das Licht der Bewusstheit. Und hol dir dein wahres Selbst zurück, das du aus Schamgefühlen heraus von dir abgetrennt hast!

Du kannst dich in jedem Moment deines Lebens neu für dich, für die Verbundenheit mit dir selbst entscheiden. Dafür entscheiden, deine Individualität zum Leuchten zu bringen und dadurch die Tür für jene Menschen zu öffnen, die mit dir diesen Weg teilen möchten. 

Happy Healing!

Dein

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