„Wie fühlt sich Liebe an?“

Dies ist sei jeher die Frage, die mich aus den Tiefen meiner Seele am allermeisten bewegt, die mich antreibt auf meinem Weg in die Selbsterkenntnis, ja mich durch und durch lebendig fühlen lässt. Und damit meine ich nicht im engeren Sinne die mit zahlreichen Assoziationen beladene Liebe, die unter all der Last beinahe zu ersticken scheint. Aber dazu später mehr.

Schon als Kind habe ich mich unglaublich nach Liebe gesehnt. Und aus diesem Sehnen heraus mein kleines naives Köpfchen ein Walt-Disney-Märchen von Liebe spinnen lassen, in das ich ganz viel hineinprojizierte. Und mich immer dann in Tagträumereien flüchten ließ, wenn die sich die Realität schwer und lieblos anfühlte.

Auf diesem Walt-Disney-Märchen wurde dann ziemlich intensiv rumgetrampelt. In meiner ersten richtigen Beziehung war nix mit lang anhaltenden Endorphin-Räuschen, Leichtigkeit und gegenseitigen Liebesschwüren. Erst war es eine Phase des Leidens, dann eine Phase des intensiven Lernens und dann ein Ende mit einer tiefen gegenseitigen Liebe, die wohl ein Leben lang andauern wird. Und mich genau deshalb dazu befähigt hat, in Liebe und Frieden loszulassen.

Meine Vorstellung von einer Liebesbeziehung, die mich komplettiert, die all meine inneren Leeren füllt und mir das Glück auf dem Tablett serviert, wurde durch und durch desillusioniert. Es war, als würde mir das Schicksal den Finger in alle Wunden legen, wo noch Angst und Selbstablehnung eine nachhaltige Heilung blockierten. Als würde mich das Schicksal einmal im Schleudergang durch die Waschtrommel jagen, um mich von allen egobasierten Liebesprojektionen rein zu waschen und mich dann frisch erneuert wieder auszuspucken.

Es ist nie schön, nein sogar ziemlich schmerzhaft, wenn du merkst, dass all das, was dir in deinen Fantasien ein Leben lang Sinnhaftigkeit und Erfüllung geschenkt hat, wie ein Kartenhaus in sich zusammenbricht.

Doch in dem Moment, wo du merkst, dass keine Liebe der Welt von außen stopfen kann, was dir von innen heraus fehlt, spürst du, dass es an der Zeit ist zu lernen, dich selbst zu lieben. 

Einen Weg der Selbstliebe zu beschreiten, der dich mit jenen dunklen Schatten deiner Seele konfrontiert, die du eigentlich nie fühlen wolltest, doch der Stück von Stück all jenes von innen heraus füllt und lebendig macht, das du zuvor deinen Liebesbeziehungen abverlangt hast.

Das Walt-Disney-Märchen musste sterben, um Platz für etwas viel Großartigeres, Tieferes und Liebevolleres zu machen. 

Und auch wenn ich hin und wieder nach wie vor in die alten Fahrwasser meines projizierenden, sich in hohen Erwartungen verlierenden, liebessüchtigen Egos hineinzugeraten geneigt bin (Dieser Prozess bedarf ganz viel Sanftmut, Geduld und die stetige Entscheidung für Heilung!), darf ich genauso oft erfahren, wie sich der Zauber einer bedingungsloseren, freien, aus einer bedingungslosen Selbstannahme erwachsenden Liebe wirklich anfühlt.

Vieles, was unser Verstand mit Verliebtsein und Beziehung verbindet, wird im Bann dieser Liebe erst einmal in den Hintergrund gedrängt. All die Endorphin-Kicks, die Fantasien ewig andauernder Leidenschaft, die körperliche Sehnsucht, das Abwarten, wann sich der Partner endlich meldet – sie mögen da sein. Doch entlarven sich auf einer tieferen Ebene immer wieder als unbedeutende Faktoren, die unser Ego mit Liebe verwechselt. Weil es Drama liebt. Weil es uns glauben lässt, dass wir nur in einem permanenten Glückszustand wirklich verliebt sind. Dass wir nur dann wirklich verliebt sind, wenn wir uns durch unseren Partner ganz fühlen.

So sperrt uns das Ego in den Kerker unserer hohen Erwartungen. Und verwehrt uns damit den Zugang zu einer reineren Essenz von Liebe, jener Liebe ohne Ego-Projektionen, die uns wirklich nachhaltig von innen heraus berühren kann. Die unser Herz öffnet, uns den Mut gibt, uns mit all unserer Verletzlichkeit zu zeigen und uns mit dem Gefühl eines tiefen inneren Friedens erfüllt.

In jenen Momenten wird mir klar, was wir alles mit Liebe verwechseln.

Dieses brennend heiße Sehnen nach einem Menschen, von dem wir uns endlich Ganzheit erhoffen. All die Projektionen, mit denen wir potenzielle Partner beladen, weil wir unterbewusst glauben, wir könnten durch sie eine Lücke in unserem Leben schließen. Gemeinsame Themen und Muster, die wir miteinander teilen und die uns nicht in Liebe sondern in einem Verhältnis gegenseitiger Abhängigkeit aneinander binden. 

Wahre Liebe ist so viel undramatischer, stiller und doch so viel durchdringender als alle verstandesgelenkten Projektionen, die Beziehungen in der Regel viel zu viel abverlangen. Das Hin und Her zwischen „Himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt“ weicht einem tiefen inneren Frieden. Die Angst vor Ablehnung der Selbstliebe. Das Vertrauen der Eifersucht. Der Besitzanspruch der Freiheit. Und die Hoffnung auf Ganzheit durch den Partner der tiefen Gewissheit, dass nur du selbst dich ganz machen kannst.

Macht euch gemeinsam auf den Weg zu euch selbst. Tretet die Reise in eure ganz individuelle Ganzheit, in eure Selbstliebe an! Und ihr werdet erfahren, wie sich wahre Liebe wirklich anfühlt.

Liebe für dich,

Ludwig